Leiser, Zürich Limmat Panorama vom Bellevue bis zum Central
Etwas versonnen steht Godi Leiser (eigent-lich Gottfried Paul Leiser) auf dem Foto von 1985 vor mehreren Blättern mit Auto-zeichnungen – so, als wollte er sich gerade an die Zeit erinnern, als er an diesen Zeich-nungen arbeitete. Diese Zeit ist allerdings schon lange her … Godi Leiser, der älteren Leserinnen und Lesern als Zeichner zahlreicher erfrischend schwungvoller Stadtansichten bekannt sein könnte, verbrachte die ersten Lebens-jahrzehnte mit dem Zeichnen von Autos. Die zuoberst abgebildete Farbstiftzeich-nung wurde von der Mutter stolz kommen-tiert mit «Von Gottfriedli gezeichnet im Alter von 6 1/2 Jahren aus dem Kopf». Vater Gottfried Leiser, Kanzlist und Bausekretär in der St. Galler Stadtverwaltung, wollte, dass sein Sohn einen «richtigen» Brotbe-ruf ausübt. So machte der eine Banklehre, wurde Bankangestellter und später Kanz-list beim Kanton. Von 1943 bis 1945 endlich konnte er die langersehnte Grafikerausbil-dung an der Kunstgewerbeschule St. Gallen absolvieren. Danach arbeitete er höchst erfolgreich in der Automobilwerbung in Zürich, bis seine «Tuschfeder das Gefühl hatte, sie habe nun genug Autos gezeich-net». Es folgten Ansichten von Dörfern und Städten aus erhöhten Blickwinkeln. So zeichnete Leiser seit Anfang der 1960er-Jahre im Auftrag des damaligen Schweize-rischen Bankvereins 130 Panoramen jener Städte, in denen die Bank gerade eine Fili-ale eröffnet hatte, sei es in der Schweiz, in Amerika oder in Japan. Diese Werke haben nicht nur dokumentarischen Wert, son-dern zeugen auch von perspektivischer Meisterschaft und Witz. Zu seinem Werk gehören des Weiteren Landschafts- und Naturbilder – und wunderbar persönliche Texte. Lehraufträge an Schulen waren für ihn «die Suppe und das Gemüse» – Ferien-kurse in südlichen Gefilden dagegen «das wohlverdiente Dessert». Godi Leiser hat seine Autozeichnungen dem ehemaligen Rennfahrer Fredy Lien-hard (geb. 1947) übergeben, der sie in seinem Museum «Autobau Erlebniswelt» in Romanshorn aufbewahrt. Sie waren in einer Werkausstellung vom November 2009 bis März 2010 zu sehen. Leiser, laut NZZ der «Meistergrafiker mit Flair fürs Automobil», konnte allerdings aus Krank-heitsgründen nicht mehr an der Vernissage teilnehmen. Er verstarb am 23. November 2009 im zürcherischen Maur, wo er seit 1976 lebte. Im Stadtarchiv werden einige seiner Zeich-nungen und weitere Unterlagen aufbe-wahrt, darunter zwölf Ansichten, die er 1977 seiner Geburtsstadt St. Gallen wid-mete: «Provinz oder nicht Provinz: Ein Hauch von Grandeur und besseren Zeiten liegt über der langgestreckten Stadt».
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